Die Menschen, allen voran die nationalsozialistisch Radikalisierten, erlebten diese Nacht vor 80 Jahren 
in aufgewühlter Stimmung. Überall im Land veranstalteten Ortsgruppenleiter Gedenken an den Hitlerputsch 1923 
 [?]Hintergrund 
Im Krisenjahr 1923 der Weimarer Republik (Hyper-Inflation; Ruhrbesetzung und "Ruhrkampf" von Januar bis September, 
kommunistische Unruhen in Sachsen und Thüringen) wollte der Führer der NSDAP, Adolf Hitler (1889-1945), 
in München am 8./9. November durch einen bewaffneten Putsch die Regierung in Berlin absetzen und selbst 
die Macht in einer nationalen Diktatur erringen. Zu diesem Zweck hatte er sich mit rechtsradikalen Kräften verbündet 
und versuchte, rechtskonservative Kreise in der bayerischen Regierung und Verwaltung für sich zu gewinnen. Da sich diese 
alsbald distanzierten und die Reichswehr nicht mitspielte, scheiterte das Vorhaben.
  Den "Marsch zur Feldherrnhalle" stoppte 
die Bayerische Landespolizei mit Gewalt (20 Tote). Nach seinem Prozess kam Hitler bereits am 20. Dezember 1924 wieder frei, 
der Putschversuch hatte für ihn und für Bayern auf lange Sicht aber bedeutende Folgen.
   
(Walter Ziegler, Historisches Lexikon Bayerns) 
in München, der zwar gescheitert war, dem aber dennoch große Symbolkraft anhaftete. Hitzige Reden wurden geschwungen, 
in Bommern im Saal Becker, in Heven im Kuhlhoffschen Saal, für Witten-Ost im 
Saal Röthemeier an der Ardeystraße. Auch in Rüdinghausen und Stockum traf sich das NS-Gefolge.
Flammende Reden und feierliche Zeremonien
Die Annener versammelten sich auf dem Annener Markt, um von dort zum Hüllberg zu marschieren, wo der Grundstein eines 
Ehrenmals zum Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und die Toten der Nationalsozialisten gelegt 
werden sollte. Eine andere Besonderheit begleitete die Feier, die die Ortsgruppe Witten-West in der Aula der Oberschule 
für Jungen, heute Ruhr-Gymnasium Witten, zum Gedenken an den 15 Jahre zurückliegenden 
Putsch inszenierte. Auf dem Marktplatz kamen in dieser Nacht 116 junge SS-Anwärter, 
die meisten aus Bochum und Witten, zu ihrer Vereidigung zusammen. Flammende Reden und feierliche Zeremonien 
bestärkten vermutlich eine sich später entladende Mischung brodelnder Gemüter 
 [?]Hintergrund
Zwei Tage zuvor, am 7. November 1938, hatte der 17-jährige Herschel Grynszpan, Sohn einer Ende Oktober 1938 bei der ersten 
Massenabschiebung aus Deutschland nach Polen („Polenaktion“) ausgewiesenen jüdischen Familie, in Paris ein Attentat auf den 
deutschen Diplomaten Ernst vom Rath verübt, NSDAP-Mitglied seit 1932, SA-Mitglied seit 1933. Herschel Grynszpan war als 
14-Jähriger 1935 nach Paris emigriert, weil er für sich als Jude in Deutschland keine Perspektive mehr gesehen hatte. 
Auf einer Postkarte hatte seine Schwester ihm im November 1938 von der Ausweisung der Eltern und Geschwister berichtet.
  
Am 9. November war vom Rath an seinen Schussverletzungen gestorben und lieferte dem NS-Regime damit einen lange 
ersehnten Vorwand. Am Abend traf die Meldung im Alten Rathaus in München ein, wo Hitler und Goebbels nach 
einem Gedenkmarsch zum Hitlerputsch an einem Essen der Parteiführung teilnahmen. Gegen 22 Uhr gab Goebbels 
den anwesenden Partei- und SA-Führern die Nachricht bekannt und lobte in Kurhessen und Magdeburg bereits 
um sich greifende judenfeindliche Aktionen. Die Partei werde nicht als Organisator in Erscheinung treten, sagte er, 
sie würde sie aber dort, wo sie stattfinden, auch nicht behindern.
  
Noch in der Nacht ließ Goebbels Telegramme an untergeordnete Behörden, Gauleiter und Gestapostellen im Reich aussenden. 
Diese gaben entsprechende Befehle an die Mannschaften weiter, wie etwa die der SA-Stelle „Nordsee“:
  
„Sämtliche jüdische Geschäfte sind sofort von SA-Männern in Uniform zu zerstören. (...) 
Jüdische Synagogen sind sofort in Brand zu stecken, jüdische Symbole sind sicherzustellen. Die Feuerwehr darf nicht 
eingreifen. (...) Sämtliche Juden sind zu entwaffnen. Bei Widerstand sofort über den Haufen schießen. 
An den zerstörten jüdischen Geschäften, Synagogen usw. sind Schilder anzubringen, mit etwa folgendem Text: 
‚Rache für Mord an vom Rath. Tod dem internationalen Judentum. Keine Verständigung mit Völkern, die judenhörig sind.‘ “ 
(aus: Wikipedia).
Vereidigung nach Mitternacht
Vorbild der Vereidigung auf dem Marktplatz war nach Mitternacht eine Vereidigung in München, die simultan stattfand und 
über Lautsprecher nach Witten übertragen wurde. Neben den Spitzen von SS und NSDAP in Person von Sturmbannführer 
Vasel und Kreisleiter Schlieper nahmen auch Ehrenformationen der Polizei, der HJ und anderer Verbände der NSDAP teil. 
Viele Neugierige waren gekommen, um das Spektakel mitzuerleben, in dessen Verlauf „die Worte der Eidesformel und die ersten 
Sätze, die der Führer selbst von München her zu seinen SS-Männern sprach“ über den Marktplatz schallten. 
Mit dem Treuelied der SS 
 [?]Hintergrund
Deutsches Volks- und Studentenlied von Novalis (1802) und 
Max von Schenkendorf (1814). Die Schutzstaffel (SS) der Nationalsozialisten 
verwendete das Lied als „Treuelied“. Im SS-Liederbuch erschien es nach dem Deutschlandlied und dem Horst-Wessel-Lied an dritter Stelle.
   
Die Fassung im SS-Liederbuch entspricht weitgehend dem Text Schenkendorfs, wobei die dritte Strophe entfiel. 
Laut dem Historiker Karsten Wilke wurde Treue innerhalb der SS als „wichtigste Tugend überhöht“, was sich auch im Wahlspruch 
"Meine Ehre heißt Treue" reproduziere.
  
Schenkendorf (1814) 
Strophen 1,2, und 4
  
Wenn alle untreu werden, 
So bleiben wir doch treu; 
Daß immer noch auf Erden 
Für euch ein Fähnlein sei. 
Gefährten unsrer Jugend, 
ihr Bilder bess’rer Zeit, 
Die uns zu Männertugend 
und Liebestod geweiht.
  
Wollt nimmer von uns weichen, 
uns immer nahe sein, 
treu wie die deutschen Eichen, 
wie Mond und Sonnenschein. 
Einst wird es wieder helle, 
in aller Brüder Sinn, 
sie kehren zu der Quelle 
in Lieb und Freude hin.
  
Ihr Sterne seid uns Zeugen, 
die ruhig nieder schau’n, 
wenn alle Brüder schweigen 
und falschen Götzen trau’n. 
Wir woll’n das Wort nicht brechen 
und Buben werden gleich, 
woll’n predigen und sprechen 
vom heil’gen Deutschen Reich.
  
(aus: Wikipedia) 
endete die Veranstaltung gegen 1 Uhr.
Eine einzige Kette heimtückischer Versuche
Mindestens ebenso pompös und ähnlich lange dürfte die Gedenkfeier der Ortsgruppe Witten-West in der Aula der 
Oberschule direkt gegenüber der Synagoge vonstatten gegangen sein. Auf dem Podium in dem geschmückten Saal brannte 
in einem offen Becken ein Feuer. Fahnenträger marschierten ein, Studienrat Sauerland spielte das Ave verum corpus von Mozart  
 [?]Hintergrund
Mozart komponierte sein Ave verum ein knappes halbes Jahr vor seinem Tod, während er zugleich an der Zauberflöte 
und dem Requiem arbeitete. Die Handschrift datiert vom 17. Juni 1791 und beginnt mit der Anweisung: sotto voce (mit gedämpfter 
Stimme). Das Werk entstand wahrscheinlich zum Fronleichnams-Gottesdienst für Anton Stoll, Schullehrer und Chorregent der 
Pfarrkirche St. Stephan in Baden bei Wien, mit dem Mozart befreundet war.
  
Übersetzung von Peter Gerloff:
  
Gruß dir, Leib des Herrn, geboren 
aus Marias reinem Schoß! 
Heimzuführen, was verloren, 
trugst du Kreuz und Todeslos. 
Von der speerdurchbohrten Seite 
flossen Blut und Wasser rot. 
Sei uns Vorgeschmack im Streite, 
Himmelskraft in Sterbensnot!
  
(aus: Wikipedia) 
auf der Orgel. SA-Standartenführer Honsberg von der in Witten beheimateten SA-Standarte 369 hielt eine Rede, musikalisches Zwischenspiel, 
Gedichtvortrag, dann ergriff Ortsgruppenleiter der NSDAP Witten-West, Winkler, das Wort. Der Mord an „Gesandtschaftsrat vom Rath“, donnerte er, 
„der als Opfer feiger jüdischer Mordgier sein Leben für Deutschland lassen musste,“ sei „eine einzige Kette heimtückischer Versuche, 
der NSDAP die Möglichkeit zur Entwicklung zu nehmen“. Nach Sieg-Heil, dem Deutschlandlied 
 [?]Hintergrund
Das Lied der Deutschen 
wurde von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben am 26. August 1841 auf Helgoland gedichtet. Konkreter Anlass waren französische 
Gebietsansprüche auf das Rheinland in der Rheinkrise. Diese Ansprüche wies er mit dem Lied zurück und ergänzte 
dies mit weiteren Gedanken, vor allem mit dem der deutschen Einigkeit, die allein die Voraussetzung für Abwehr feindlicher Angriffe 
jeder Größenordnung bieten könne.
  
Das Lied der Deutschen
  
Deutschland, Deutschland über alles, 
über alles in der Welt, 
Wenn es stets zu Schutz und Trutze 
Brüderlich zusammenhält, 
Von der Maas bis an die Memel, 
Von der Etsch bis an den Belt – 
Deutschland, Deutschland über alles, 
über alles in der Welt!
  
Deutsche Frauen, deutsche Treue, 
Deutscher Wein und deutscher Sang 
Sollen in der Welt behalten 
Ihren alten schönen Klang, 
Uns zu edler Tat begeistern 
Unser ganzes Leben lang – 
Deutsche Frauen, deutsche Treue, 
Deutscher Wein und deutscher Sang!
  
Einigkeit und Recht und Freiheit 
Für das deutsche Vaterland! 
Danach lasst uns alle streben 
Brüderlich mit Herz und Hand! 
Einigkeit und Recht und Freiheit 
Sind des Glückes Unterpfand – 
Blüh’ im Glanze dieses Glückes, 
Blühe, deutsches Vaterland!
  
(aus: Wikipedia) 
und dem Horst-Wessel-Lied 
 [?]Hintergrund
Kampflied  der SA und etwas später auch Parteihymne der NSDAP. Es trägt den Namen des SA-Mannes Horst Wessel, 
der den Text zu einem nicht genau geklärten Zeitpunkt zwischen 1927 und 1929 auf eine vermutlich aus dem 19. Jahrhundert 
stammende Melodie verfasste. Der Text glorifiziert die SA, die paramilitärische Unterorganisation der NSDAP. 
Die SA und der von ihr ausgeübte Terror spielten eine bedeutende Rolle bei der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur. 
Im Liedtext wird sie jedoch ausschließlich als Massenbewegung im Kampf für Freiheit und soziale Gerechtigkeit dargestellt.
  
Horst-Wessel-Lied
  
Die Fahne hoch! 
Die Reihen fest (dicht/sind) geschlossen! 
SA marschiert 
Mit ruhig (mutig) festem Schritt 
Kam’raden, die Rotfront und Reaktion erschossen, 
Marschier’n im Geist 
In unser’n Reihen mit
  
Die Straße frei 
Den braunen Bataillonen 
Die Straße frei 
Dem Sturmabteilungsmann! 
Es schau’n aufs Hakenkreuz voll Hoffnung schon Millionen 
Der Tag für (der) Freiheit 
Und für Brot bricht an
  
Zum letzten Mal 
Wird Sturmalarm (/-appell) geblasen! 
Zum Kampfe steh’n 
Wir alle schon bereit! 
Schon (Bald) flattern Hitlerfahnen über allen Straßen (über Barrikaden) 
Die Knechtschaft dauert 
Nur noch kurze Zeit!
  
Zum Schluss wurde die erste Strophe wiederholt. (aus: Wikipedia) 
endete die Versammlung.
Brandanschlag auf die Synagoge in der Oberschule beschlossen
Wann genau die Weisungen aus München, ausgegeben ab etwa 22.30 Uhr, Witten erreichten, bleibt unklar. 
Auch Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Wittener SA-Führung sind nur mündlich überliefert. 
Offenbar waren sich die NS-Strategen nicht einig, wie die Anordnungen auszulegen seien. Einer der Sturmführer 
habe sich schließlich der Aktion entzogen. Diese Divergenzen konnten nur dort ausgetragen werden, 
wo sich die SA-Führung an diesem Abend aufhielt: in der Oberschule gegenüber der Synagoge.
Somit dürfte der Brandanschlag auf die Synagoge auch in der Oberschule beschlossen und angeordnet worden sein, 
als die Vereidigungsfeier auf dem Marktplatz noch andauerte, etwa gegen 1 Uhr am 10. November 1938. 
Ein SS-Mann hatte später zu Protokoll gegeben, er habe noch während der Vereidigung die Synagoge brennen sehen. 
Die anschließenden Zerstörungen und Plünderungen jüdischer Geschäfte und Wohnungen konnten 
aber vermutlich erst nach der Vereidigungsfeier wüten, nachdem die Zuschauer den Marktplatz verlassen hatten. 
Aus dem Bett gezerrt und im Schlafanzug durch die Stadt getrieben
Heimgesucht wurden in der Innenstadt besonders die Ruhrstraße und die Bahnhofstraße, wo die Bewohner aus dem Schlaf 
schreckten, um zu sehen, wie etwa im ersten Obergeschoss des Hauses Ruhrstraße 40 die Möbel des dort 
wohnenden jüdischen Kaufmanns Sommer unter Gejohle aus dem Fenster geworfen wurden. Weiter aufwärts Richtung 
Rathaus stürmten die Horden ein kleines Milchgeschäft, das einem jüdischen Händler gehörte, 
und warfen die Eier palettenweise an die Wand. Auf der Bahnhostraße demolierten SA-Trupps weitere Geschäfte 
jüdischer Inhaber, so „Brahms“ Herrenbekleidung, warfen die Anzüge auf die Straße oder nahmen sie mit. 
Die Familie Moritz Hanf wurde in ihrer Villa am Parkweg 14 eingeschlossen, Sohn Ernst Hanf 
wurde aus dem Bett gezerrt und im Schlafanzug durch die Stadt zur Synagoge getrieben. Dass er in die brennende Synagoge 
gestoßen wurde, konnten Feuerwehrleute verhindern.
Opfer sollten eigenes Grab ausheben
Später an diesem Morgen machten dann auch SS-Leute, auf großzügig gefasste Anordnung hin oder aus eigenem Antrieb, 
regelrecht Jagd auf ihre jüdischen Mitbürger. Auch in Annen drangen sie in Wohnungen ein, zerschlugen das Mobiliar 
und trieben die Bewohner auf die Straße. Im Haus Bebelstraße 9 – 11 traf es die jüdischen Familien Sigmund 
und Josef Rosenthal, Vettern, bis 1937 Besitzer eines größeren Lebensmittel- und Textilgeschäfts. 
Auch sie wurden aus dem Bett gezerrt und mussten zusehen, wie ihre Wohnungen verwüstet wurden. Beide Männer mussten 
sich notdürftig ankleiden, dann trieben SS-Leute sie und ihre Ehefrauen auf das Salinger Feld, verprügelten sie mit 
Stöcken und stießen sie in den Groten Bach. Danach sollten sie ihr eigenes Grab ausheben, was Bergarbeiter auf dem Weg 
zu ihrer Morgenschicht mit Drohgebärden verhindern konnten. Die durch die Schläge schwer Verletzten retteten sich 
später am Morgen ins Marienhospital. Sigmund und Elisabeth Rosenthal blieben dort bis zu ihrer Flucht 
im März 1939.
Erste Konfrontation mit der radikalen Seite des Antisemitismus
Wie die Bevölkerung die Ereignisse bewertete, ist im Nachhinein schwierig einzuschätzen. Viele zeigten sich vielleicht 
erschrocken, gingen aber bald zur Tagesordnung über. Ansatzweise dokumentiert ist die Haltung des damals 17-jährigen 
Oberschülers H., der einer Wittener Kaufmannsfamilie entstammte und mit einem Juden, Gert Rosenberg, befreundet war. 
Er erlebte in seinem Elternhaus eine diffuse Einstellung gegenüber Juden. Orthodoxen und Zionisten begegnete man ablehnend, 
liberale, emanziperte (West-)Juden wurden dagegen weitgehend akzeptiert
 [?]Hintergrund
Die Trennung geht auf zwei Zuwanderungswellen im 19. Jahrhundert zurück. Die erste fand zwischen 1860 und 1880 statt,
nachdem Preußen Juden die Wahl ihres Wohnorts freigestellt hatte. Diese Neubürger wurden weitgehend akzeptiert und integriert. Zwischen 
1880 und 1910 folgten dann weitere jüdische Zuwanderer. Sie kamen vorwiegend aus Westpreußen und bereiteten, wie der jüdischer Lehrer 
Jacob Ostwald meinte, "große Schwierigkeiten". Sie galten als Hausierer und Trunkenbolde, arm und ungebildet. Im Ergebnis 
unterteilten die Wittener schon seit 1880 ihre jüdischen Mitbürger in "Alteingesessene" und "Zugereiste". (aus: Schoppmeyer, Witten, Bd. 1). 
Das antisemitische Propagandablatt 
Der Stürmer 
[☞]  Quelle: Archiv  
wurde nicht gelesen.
Lehrerschaft „verwirrt und sprachlos“
Die Pogromnacht konfrontierte H. erstmals offen mit der radikalen Seite des Antisemitismus. Als H. am Morgen des 10. November 
zur Schule kam, sah er Mitschüler vor Unterrichtsbeginn in den Trümmern der abgebrannten Synagoge stöbern. Die Lehrerschaft 
erlebte H. als „verwirrt und sprachlos“, sie sorgte jedenfalls dafür, dass Schüler in den Pausen der Brandstelle fernblieben. 
Im Unterricht waren die Ereignisse der Nacht kein Thema. Seine persönlichen Gedanken erklärt er sich 1999 im Rückblick mit 
einem gespaltenen Bewusstsein und „schizophrenen Wertekategorien“, was bedeutete: „Den Menschen X. hätte ich schützen 
mögen; als Jude X. verdient er kein Mitleid.“
Wittens größtes Kaufhaus "arisiert"
Jüdisches Geschäft „arisiert“, also zu Gunsten „arischer“ Nachfolger entschädigungslos enteignet, solche Nachrichten bestimmten 
die Tage nach der „Reichskristallnacht“, wie die Pogromnacht bald gefährlich verharmlosend genannt wurde, immer häufiger. Schon 
am 11. November vermeldete die Wittener NSDAP-Kreisleitung, das jüdische Geschäft von Samuel Leiser, 
Ruhrstraße 19, befinde sich nunmehr in „arischen“ Händen. Auch Wittens größtes Kaufhaus an der 
Ecke Bahnhofstraße / Heilenstraße, Alsberg & Blank, wurde umgehend 
von „arischen“ Besitzern, den Siegener Unternehmern Otto Neumann und Dr. Cropp, unter Neumann & Cropp 
neu eröffnet, mit einer ganzseitigen Anzeige bekanntgemacht im Wittener Tageblatt am 14. November.
Kundenlisten mit „Namen prominenter Zeitgenossen“
„Geschäfts- und Immobilienarisierungen“ waren allerdings, wie überall in Deutschland, auch in Witten schon vorher erzwungen worden. 
Belegen lassen sich laut Wikipedia insgesamt 67 Fälle zwischen 1933 und 1943, 14 davon vor 1938. Nachträglich 
drangsaliert wurden auch alle Kunden, die in jüdischen Geschäften eingekauft hatten. Bei einem „Großkampftag“ der 
Wittener NSDAP gegen das „internationale Judentum“ am 24. November 1938 wurden „gewisse Zeitgenossen“ bezichtigt, 
ihr Geld zu Juden getragen zu haben, „anstatt den ehrlichen deutschen Kaufmann zu unterstützen“. In einem „früheren 
jüdischen Kaufhaus“ waren Kundenlisten mit „Namen prominenter Zeitgenossen“ aufgetaucht. „Hierüber wird das letzte Wort (...) 
noch nicht gesprochen sein“, so die offene Drohung.
England und Frankreich begehrte Fluchtziele
Schon die verheerende Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre hatte vielen Juden die wirtschaftliche Lebensgrundlage entzogen. 
Sie waren in eine andere Stadt gezogen. Nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 setzte 
dann eine regelrechte Fluchtwelle ein (siehe Grafik). Manche suchten sich zunächst innerhalb des Deutschen Reiches eine 
neue Bleibe, außerhalb der deutschen Grenzen waren neben den Niederlanden auch England und Frankreich begehrte Fluchtziele, 
zumindest übergangsweise. 
Besonders die Jüngeren entschieden sich zum Ortswechsel. Der Anteil der über 50-Jährigen lag bei den jüdischen 
Auswanderern unter 25 Prozent.
Bekannt ist der Wegzug von 314 jüdischen Wittenern, von denen 162 den Krieg überlebten. Von den 171 in Witten gebliebenen Juden 
wurden 109 deportiert. Insgesamt kamen 170 jüdische Mitbürger in und aus Witten durch den nationalsozialistischen Terror ums Leben. 
Anm.: Alle wesentlichen Inhalte des Textes sind Auszüge und Zitate aus: 
Heinrich Schoppmeyer, Witten – Geschichte von Dorf, Stadt und Vororten, 
Verein für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark (Witten), Bd. 2, 2012 
Alle Beiträge der Reihe: 
NS-Zeit auch "Projekt der jungen Generation", Interview mit Prof. Heinrich Schoppmeyer 
     
Zeichen einer neuen Zeit - 100 Jahre Novemberrevolution 1918 
    
Mischung brodelnder Gemüter - 80 Jahre Reichspogromnacht
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