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ZWISCHEN ARBEITSPLATZ UND WIRTSCHAFTSSTANDORT
Serie "Elektromobilität in Witten" [?]Elektromobilität in Witten 1 Mio. Elektro-Pkw sollen bis 2020 auf deutschen Straßen fahren. Diesem steilen Vorsatz konnten die Neuwagenkäufer bislang nicht viel abgewinnen. Seit Mai 2016 ködert die Bundespolitik mit einer Umweltprämie. Aus der tröpfelnden Nachfrage soll ein Kaufrausch werden. Anlass genug, bei den Wittener Autohändlern nachzufragen, wie der Verkauf läuft und wie sie die Prognosen einschätzen. Und in der Stadt nach Vorboten einer elektromobilen Zukunft zu suchen., Teil 3: Autohaus Becherau
„Benziner noch deutlich rentabler“

Text und Fotos (2): Walter Budziak, 27.1.2017

"Zoe" heißt bei Renault das Zauberwort für einen elektrisch angetriebenen Pkw. Beim Rennen um die Käufergunst startet er aus der zweiten Reihe [?]Neuzulassungen in D 2015 Pkw mit Elektroantrieb
3 839 Kia Soul
1 787 Renault Zoe
1 582 Tesla Modell S
1 092 VW Golf
1 051 BMW i3
Quelle: Kraftfahrtbundesamt (KBA)
. Trotz Umweltprämie und Befreiung von der Kfz-Steuer reichten die Anreize für ein Umsteigen von Benzin auf Strom aber nicht aus. Und der Handel mache damit ohnehin ein schlechtes Geschäft.


Gilbert Becherau: deutlich höhere Beratungsintensität - Foto: wab

Gilbert Becherau: schnellere Akzeptanz der abgasfreien Antriebstechnik - Foto: wab
Mit Lieferzeiten müssen Käufer eines elektrischen Renault bei Gilbert Becherau rechnen, Chef des gleichnamigen Autohauses mit Niederlassungen in Witten und Hagen. Der Absatz des Zoe, der einzige klassische Pkw in der Palette der Elektromodelle des Autobauers aus Frankreich, sei sprunghaft angestiegen. Allein im Januar dieses Jahres habe er, an beiden Standorten allerdings, sechs Fahrzeuge des Modells verkauft, so viel wie in der gesamten zweiten Hälfte des Vorjahres.

Höhere Reichweiten kurbeln Verkauf an

Den wichtigsten Grund dafür sieht Becherau in einer verbesserten Technik. So können beim neuen Modell mit einer Batterieladung bis zu 400 Kilometer gefahren werden gegenüber 240 Kilometer beim Vorgängermodell. „Das macht jetzt für viele Leute mehr Sinn“, freut sich Becherau.

Der Sohn des Firmengründers Louis Becherau, der die Marke Renault vor über 50 Jahren mit einer kleinen Hinterhofwerkstadt neben der alten Feuerwache an der Hauptstraße in Witten repräsentierte, setzt heute auf die abgasfreie Antriebstechnik. Und versucht, seine Kunden von den Vorteilen eines Elektrofahrzeugs zu überzeugen: die Kosten für Wartung und Verschleiß seien wesentlich geringer als bei einem Benziner. Allein schon der regelmäßige Wechsel von Öl, Filtern, Dichtungen oder Zündkerzen falle komplett weg.

Handel registriert hohe Beratungsintensität

Nicht zum Vorteil der Autowerkstätten, wie Becherau betont. Ein Renault Zoe müsse wesentlich seltener in eine Werkstatt als ein Renault Clio beispielsweise. Dazu müsse ein Zoe auch weniger gewartet und repariert werden. Die Kostenersparnis der Kunden ginge voll zu Lasten des Kfz-Gewerbes. Immerhin könne er beim Verkauf wieder mit einer „normalisierten“ Gewinnspanne kalkulieren, sagt Becherau. „Am Anfang vor drei Jahren lag die Marge bei Null“. Einher gingen die Verkaufsgewinne des Handels bei Elektrofahrzeugen allerdings mit einer deutlich höheren Beratungsintensität. Statt gewöhnlich durchschnittlich eine halbe Stunde dauere ein Verkaufsgespräch bei einem E-Modell oft zwei Stunden und länger.

Ungeklärte Fragen

Neben dem Handel könnten sich auch viele Ersatzteilhersteller Sorgen um ihre künftigen Umsätze machen, meint Becherau. Um auf noch viel weitreichendere Fragen hinzuweisen: Wenn alle Kraftfahrzeuge elektrisch fahren und kein Benzin mehr verbrauchen, welche Auswirkungen hat das auf die Ölindustrie? Wie reagiert der Staat auf die Ausfälle der Mineralölsteuer? Werden die Strompreise erhöht? Auch für Haushaltsstrom, also für Bürger ohne Elektrofahrzeug in der Garage?

Die, wie er glaubt, geringe Begeisterung der Politik für einen schnellen Ausbau einer elektrogerechten Infrastruktur könne mit diesen ungeklärten Fragen zusammenhängen, meint Becherau. Die Umweltprämie und die zehn Jahre Befreiung von der Kfz-Steuer bildeten zu geringe Anreize für die Kundschaft, auf ein E-Auto umzusteigen. „In anderen Ländern funktioniert das viel besser“, blickt der Wittener Renaulthändler nach Holland oder Skandinavien. Pro Elektro-Pkw ein reservierter Parkplatz mit Ladesäule in der Innenstadt ist dort stadtweise elektromobile Realität.

Eigene Garage mit Starkstromsteckdose sinnvoll

Dennoch empfiehlt er den Energiewechsel bei der Mobilität, falls bestimmte Voraussetzungen gegeben sind: Die jährliche Fahrstrecke sollte bei 10 000 Kilometer liegen und eine Garage, mindestens ein Stellplatz mit eigener Ladestation sollte vorhanden sein. Hierin liege für viele Autofahrer eine weitere Schwierigkeit. Eine normale Hausstromleitung komme bei regelmäßigem Gebrauch schnell an ihre Grenzen. Empfehlenswert sei eine separate Starkstromleitung mit der zehnfachen Kapazität. Damit lasse sich eine Fahrzeugbatterie mit einer Restkapazität von 20 Prozent innerhalb einer halben Stunde wieder auf 80 Prozent Leistungsreserve bringen, rät der gelernte Kaufmann.

Wer einen Renault Zoe kaufen will, muss, wie bei anderen Marken auch, reichlich Geld mitbringen. Rund 30 000 Euro stehen für das Basismodell in der Preisliste, wenn man die Batterie miterwerben will. Soll die Batterie nur gemietet werden, stehen rund 8 000 Euro weniger auf der Rechnung. Dann fallen allerdings monatliche Mietkosten an.

Auch Kooperationen mit Umweltinitiativen ist Becherau eingegangen, stellt seine Elektrofahrzeuge regelmäßig bei Veranstaltungen aus. Ein Vorführwagen stehe ebenfalls jederzeit bereit, wünscht er sich eine schnellere Akzeptanz der abgasfreien Antriebstechnik. Entgegen seinen Geschäftsinteressen. „Benziner sind für uns noch deutlich rentabler“, sagt Becherau.


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